Art des Artikels
Initiativen im Porträt
Autor
sarah_daum

Einblicke: Urbane Gärten in Freiburg

Bambis Beet
Zusammenfassung

Auch in Freiburg gibt es mittlerweile zahlreiche urbane Gärten. In diesem Blog möchten wir von den urbanen Gärten Freiburgs berichten. Wir beginnen mit einem Garten, der viel bewegt hat und den es inzwischen leider nicht mehr gibt: Bambis Beet am Stadttheater Freiburg.

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Geschichte der urbanen Gärten

Das Gärtnern in der Stadt zum Anbau von Nahrung gewinnt immer mehr an Bedeutung, da inzwischen der Großteil der Menschheit in Städten lebt und frische, lokal produzierte Nahrungsmittel, die umweltschonend produziert werden sind mit steigendem Bewusstsein für globale und ökologische Zusammenhänge immer mehr gefragt. Den städtischen Gartenbau gibt es jedoch schon, seit es Städte gibt. Besonders schnell verderbliche und wenig transportfähige Nahrungsmittel wurden in den Städten bis ins 19. Jahrhundert angebaut, danach ersetzten energie- und ressourcenaufwändige Transport- und Verpackungsmethoden diesen Markt. Eine der Motivationen von Bill Mollison, dem Begründer der Permakultur, war es, den Nahrungsanbau wieder in die Städte zu bringen, um eine zukunftsfähige Lebensweise zu fördern.

Besonders bekannt sind die Pariser Marktgärtnereien aus der Zeit vor den Autos, die sehr erfolgreich auf kleinstem Raum effizienten Gemüseanbau betrieben, gedüngt mit den Pferdeäpfeln der Kutschen. Heute orientiert sich die schnell wachsende bio-intensive Bewegung an ihren kleinräumig-intensiven und händischen Anbaumethoden. Dazu empfehlen wir den Youtubekanal von Orfeas Fischer, von dem auch Hobby-Gemüsegärtner*innen lernen können.

 

Stadtgärtnern trifft Kunst: Bambis Beet, ehemaliger Gemeinschaftsgarten am Stadttheater Freiburg

Schauen wir nun auf Freiburg. Was ist hier in der jüngeren Stadtgeschichte im Bereich urbaner Gärten so los? Einer der ersten Gemeinschaftsgärten in der Stadt war Bambis Beet. Der Gemeinschaftsgarten am Stadttheater Freiburg war eine kleine Oase mitten in der Stadt: dort gab es lauschige Plätzchen, wo jede*r mitten im Gemüse sitzen konnte und erlebte, was urbanes Gärtnern bedeutet: kreative Lösungen mit einfachen Mitteln, einladende Gestaltung und offener Gemeinschaftsgeist sowie leckere Kräuter, Beeren, Gemüse und ein Wildbienenhotel mitten in der Stadt. Gemeinsam und miteinander- das war das Motto des Gartens vor dem Stadttheater. Der Garten wurde von Freiwilligen gepflegt- ernten durfe jede*r.

Das Besondere an diesem Gemeinschaftsgarten war die Verknüpfung mit dem Stadttheater Freiburg, das sich gleich hinter der Fläche erhebt. Das Ziel des Stadttheaters war es, einen öffentlichen Dialog zur Gestaltung öffentlicher Plätze in der Stadtplanung im Hinblick auf Beteiligung und Vielfalt anzustoßen. Der Gemeinschaftsgarten ist 2012 auf Anfrage von Graham Smith, Tänzer und künstlerischer Leiter der Sparte Junges Theater Tanz am Freiburger Stadttheater, in Kooperation des Theater Freiburgs und der Urbanen Gärtner-Gruppe der Transition Town Initiative Freiburg entstanden.

Der Austausch zwischen den verschiedenen beteiligten Gruppierungen aus dem Umfeld des Theaters und der Urban-Gardening-Szene Freiburgs sowie der Passant*innen beim gemeinsamen Gärtnern, Ernten und Feiern wurde somit zu einem Ereignis, das die gemeinsame Sorge der Beteiligten für die Erde und Menschen darstellt. Der Garten erschien als eine Art Bühne unter freiem Himmel, auf dem die Möglichkeit einer nachhaltigeren Stadt durchgespielt wird- und auch als Aufruf zu mehr Bürgerbeteiligung auf öffentlichen Plätze sowie zur Auseinandersetzung mit dem Thema Ernährungssouveränität in der Stadt. Auf dem Dach des Theaters prangte damals der Satz “Heart of the City“, das Theater wies auf die Herzensangelegenheiten einer Stadt hin- dazu gehörte nun seit der Gründung des Gemeinschaftsgartens vor dem Theater auch die gemeinsame Sorge für eine grünere, nahrhafte und gemeinwohl-orientierte Stadt. Dies zeigte Wirkung, denn seit der Gründung entstanden weitere urbane Gärten in Freiburg und die Stadtverwaltung stellte dafür Flächen bereit. Das urbane Gärtnern rückte also ein Stück mehr in das Herz der Stadt Freiburg. So wird deutlich, was mit einfachen Mitteln, kleinem Budget, viel Engagement und Pflanzenspenden alles möglich ist.

Die GärtnerInnen des Theatergartens wollten den Gemeinschaftsgarten über die ganze Stadt verteilen, indem sie Beetboxen verteilten. Malena Lutz und Stefanie Koch haben das Projekt Beet - Box konzipiert und aus alten Theatertribünenelementen Beet - Boxen wachsen lassen, die Teil eines modularen mobilen Gartens sind. Die Gärtner*innen des Theatergartens haben den Gemeinschaftsgarten so über die ganze Stadt schwärmen lassen. Dazu hier ein Kurzvideo. Diese Beet - Boxen konnten von Hobbygärtnern*innen, Schulen, Vereinen etc. bei sich vor Ort aufgestellt und gepflegt werden. Somit wurde das Engagement des Theatergartens in der Stadt noch bekannter und das Stadtgärtnern verbreitete sich netzwerkartig in der Stadt. Auch die Vernetzung mit anderen Initiativen wie z.B. Foodsharing, einer Initiative welche übrig gebliebene Lebensmittel verteilt, und ein öffentliches Bücherregal an der Südseite des Theaters in einer alten Telefonzelle, aufgebaut von einer Studenteninitiative mit dem Stadttheater, trugen zur weiteren Verankerung des Theatergartens im Stadtleben Freiburgs bei. So entstanden zahlreiche Berührungspunkte und „Randzonen“ zwischen verschiedenen Gruppierungen.

 

Nachklang

Leider existiert der Garten heute nicht mehr. Nach unseren Recherchen führten veschiedene Faktoren zu dessen Schließung:

Bambis Beet wurde von der Theater-Intendanz Barbara Mundel unterstützt. Die Auflösung von Bambis Beet 2017 hing mit dem Intendanzwechsel 2017 am Stadttheater zusammen.

Es gab immer wieder Anstoß einiger Theatergäste am „Unkraut“ im Garten. Vielleicht konnte die Botschaft des Wertes von Biodiversität in der Stadt nicht ausreichend durch die Gartenaktiven und das Theater vermittelt werden?

Aufgrund des Umbaus am Platz der alten Synagoge entstand eine unklare Situation für die Gartenmitglieder zum Weiterbestehen der Nutzungserlaubnis, dadurch sank die Motivation und es wurden immer weniger Mitglieder. Schade, dass hier durch die entsprechenden Stellen nicht für Klarheit gesorgt werden konnte, um die Engagierten zu unterstützen. Weitere Hintergründe  dazu aus der Masterarbeit zu Urban Gardening in Freiburg von David Sipple: "Um einen Abriss abzuwenden, versuchten die Gärtner*innen das Holz der Hochbeete durch restaurierte Steine aus der Universität und dem Theater zu ersetzen. Dies hätte bezüglich der Haltbarkeit sowie der Ästhetik der Anlage Vorteile, wurde jedoch seitens der Stadt nicht genehmigt."

Was auch immer nun genau zur Schließung des Gartens führte, eines ist gewiss: Bambis Beet hat in vielerlei Hinsicht der Urban-Gardening-Szene in Freiburg den Weg bereitet!

 

Autorin: Sarah Daum (Projektleitung Essbare Stadt Ernährungsrat Freiburg und Region)

Zuletzt geändert
06.12.23, 23:57